Mediation Supervision

Hans Helmut Bischof            2011

Der Geschwisterkonflikt – eine Aufstellungssupervision

Es handelt sich zwar nicht um eine Baurechtsmediation, gleichwohl wurde ich gebeten, über das weitere Schicksal des bei der letzten Herbsttagung in Frankfurt unter Anleitung von Frau Reintjes aus Frankfurt (Supervision), beruflich verbunden mit Frau Martina Lauenroth www.scheidung.de/Mediator/Duesseldorf/Lauenroth,  aufgestellten Falles der streitenden 3 Geschwister zu berichten.

Die Ausgangslage

2 Schwestern (Uschi, blond 41 Jahre, Anni schwarz 52 Jahre) und ihr Bruder (Mike, 53 Jahre) – Namen leicht verändert – stritten sich im Frühjahr 2009 aus Anlaß der Betreuung ihrer damals verwitweten 79 jährigen Mutter.

Die Eltern hatten vor dem Ableben des Vaters jedem der drei Kinder ein Haus vermacht und sich den Nießbrauch daran vorbehalten. Die Mutter lebte im Familienhaus (das  Uschi vermacht war) in der Parterrewohnung. Die Eltern hatten vor Jahren dem ältesten Sohn Mike (lediger Krankengymnast mit einer täglichen Arbeitszeit von 1 ½ Stunden) erlaubt, kostenlos den ersten Stock zu bewohnen und im Keller seine Praxis auszuüben.

Ihm (Mike) war ein Gewerbegrundstück mit mehreren vermieten Wohnungen vermacht. Von den Mieten (und einer kleinen Rente sowie Pflegegeld) lebte die Mutter. Mit einem Teil der Mieten renovierte Mike nach und nach die Wohnungen im Mehrfamilienhaus. Im Familienhaus (Haus von Uschi) herrschte ein Reparaturstau.

Mit der Tagespflege der Mutter (Pflegestufe I) hatte Mike einen Pflegedienst und weitere Pflegekräfte beauftragt. Nachts war er im Haus und versorgte die Mutter beim Bettgang.

Als Mike sich vom AG als Betreuer bestellen lassen wollte, brachten die beiden Schwestern die Mutter zur Bank, wo sie die Bankvollmacht für Mike widerrief. Mike wollte die Sache jetzt streitig vor Gericht austragen, ein Freund schlug ihm in dieser Situation eine Mediation mit meiner Person als Mediator vor.

Bei der ersten Sitzung erhoben die beiden Schwestern schwere Vorwürfe gegen Mike. Er ziehe die Mutter, wenn sie ihm nicht gehorche, an den Haaren, habe ihr den Schlüssel vom Wäscheschrank weggenommen, weil sie angeblich die akkurat  von der Pflegekraft aufgesetzte Wäsche durcheinanderbringe. Kartoffelpüree bereite er ihr aus Kartoffeln mit Schalen usw. Er lebe schon immer vom Geld der Eltern.

Mike bestritt die Vorfälle und sagte, er allein sorge für die Mutter, die Schwestern mieden die Wohnung der Mutter.

Ergebnis nach 3 Sitzungen in Einzelschritten mit 4- Augengesprächen:

Mike behält die Bankvollmacht, die Schwestern dürfen elektronisch ständig Einblick in das Konto der Mutter nehmen. Uschi nimmt die Mutter 1 x in der Woche zu einem Verwöhntag in ihre Wohnung, Anni betreut die Mutter einen Tag in der Woche in  der Wohnung der Mutter mit Mittagessen, Nachmittagskaffee und Abendbrot.

Es gab dann anschließend noch einen kleinen Durchführungsstreit wegen der rechtzeitigen Ankündigung der Besuchs-Tage, der durch jeweilige

4 Augengespräche gelöst wurde.

Nach 1 Jahr stirbt die Mutter. Restvermögen ca. 50.000,00 € und eine Reihe von ½ Anteilen an Ackergrundstücken (darunter ein Bauplatz, erhofft: 20.000,00 €).

Heftiger neuer Streit

-Mike will 28.000,00 € vorweg für seine nächtliche Pflege der Mutter.

-Die Eltern haben vor der Geburt und Zeugung der Tochter Uschi ihre beiden damals schon geborenen  beiden Kinder zu Erben des Letztversterbenden eingesetzt. Das Testament wurde nach dem Tode des Vaters eröffnet und der Mutter zugesandt, die darauf nichts veranlasst hat. Mike sagt daher, Uschi ist von der Erbfolge ausgeschlossen. Sie bekommt nur dann etwas vom Resterbe, wenn sie mir einen Teil ihres Gartens (grenzt an sein Mehrfamilienhaus an) überträgt. Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Grundstücke regt er eine Aufteilung in Natur an, der ½ Anteil am Bauplatz soll verkauft werden.

 

Beide Schwestern wiederholen die Beschuldigung, dass Mike die Mutter gequält habe, es sei daher unverschämt, noch Geld dafür zu verlangen. Uschi will das Testament gerichtlich anfechten. Uschi fürchtet ferner, dass Mike beim Bauamt in Erinnerung bringen wird, dass hinsichtlich des unerlaubten Ausbaus des Dachgeschosses des Familienhauses vor 15 Jahren eine rechtskräftige Abrissverfügung besteht.

Mike will die Grabpflege kostenlos jährlich reihum organisieren, die Schwestern fordern die Hinterlegung von 4.500,00 € vorweg aus dem Erbvermögen.

Problem der neuen Mediation

Mike weigert sich, mit den Schwestern zusammenzutreffen, die ihn doch nur beleidigten. Er nenne mir seine Forderungen, lehnten die Schwestern ab, werde geklagt. Er  sagt mir dann, er halbiere seine Forderung von 28.000,00 € auf die Hälfte. Ein Treffen lehnt er weiterhin ab. Das war die Situation am 5./6.11.2010 bei unserer Aufstellung in Frankfurt.

Die von mir aufgestellten Personen kannten den Fall nicht, nur Frau Reintjes wurde von mir unterrichtet.

Frau Lauenroth (sie war für Uschi aufgestellt) lief unruhig hin und her und sagte, da fehlt einer.

Bei der Aufstellung hatte ich die Mutter hatte ich an die Wand gestellt mit Sicht auf die Gruppe.

Mike hatte ich zur Seite blickend sich abwendend aufgestellt und die beiden Schwestern nebeneinander.

Frau Reintjes (Supervision) hatte mir schon zuvor gesagt, vielleicht brauchen wir auch noch den Vater. Als dann auch er aufgestellt war, wurde Frau Lauenroth ruhig.

Und nun für mich die Überraschung:

Mike drehte sich langsam zu seinen Schwestern um, jetzt wandte sich Herr G (ich hatte ihn als Mediator aufgestellt) seinerseits  nunmehr von der vereinten Gruppe der drei Geschwister ab. Nun trat ich an die Stelle von Herrn G,  also abgewandt von den Geschwistern und fühlte mich dabei gut.

Ratschlag von Frau Reintjes an mich als Mediator.

Geben Sie ihr Engagement für die Lösung des Falles auf, lassen Sie drei Geschwister sich selbst überlassen, dann werden Sie am Ende eine Einigung erzielen.

Nach der Aufstellung in der Supervision:

Ich verabredete nun ein Vieraugengespräch mit Mike und fragte Ihn, ob wir die Mediation als gescheitert beenden oder fortführen sollten.

Er erbat sich Bedenkzeit.

Einige Tage später rief er an und war dann mit einem  Treffen auf neutralem Boden (HWK) einverstanden, wobei er allerdings um ein Nebenzimmer bat, von dem aus  er über mich mit den Schwestern verhandeln könne.

Zum verabredeten Termin erschien er nicht. Auf meinen Anruf hin teilt er mit, er habe Sorge, von den Schwestern beleidigt zu werden.

Ok, sagte ich, dann müssen wir das Ganze beenden.

Dann spielte mir  der Zufall in die Hände:

Mike hatte seiner Schwester Uschi zugesagt, am 1.12.2010 die Wohnung zu räumen und in eine von ihm renovierte Wohnung in seinem  Mehrfamilienhaus zu ziehen.

Seiner neuen Freundin (mit Kind) war die 60 qm Wohnung zu klein. Mike erbat daher von Uschi eine Räumungsfrist bis 31.3.2011, was diese ablehnte.

Uschi rief mich nun erneut zur Mediation unter Einbeziehung der Räumungsfrist an. Auf eine telefonische Rückfrage bei Mike sagte dieser, er sei an einem erneuten Mediationsversuch interessiert, und zwar Treffen der Schwestern in der Parterre in der Wohnung der Mutter (jetzt von Uschi für sie selbst renoviert) und er werde über mich mit den Schwestern von seiner Wohnung im ersten Stock aus verhandeln.

Die Klingel der Wohnung von Uschi war, was ich wusste, noch defekt, ich musste bei Mike klingeln, der mich ins Haus lassen sollte. Als ich bei ihm klingelte, kam er die Treppe herunter und ging mit mir ohne Kommentar in die Wohnung von Uschi.

Dort konnten wir nach 2 Stunden – nachdem wir kurzzeitig wieder in die emotionale Phase 2 der Mediation zurückgefallen waren-, wenige Tage vor Weihnachten, eine ausgehandelte Vereinbarung protokollieren.

Der Erbschein zu je 1/3 an die drei Geschwister ist vom AG schon erteilt.

Empfohlene Literatur zum Thema Mediation

  • Hans Helmut Bischof, MDR 2003, 919 Kosten der Mediation
  • Hans Helmut Bischof, SchiedsVZ 2004, RVG: Erste Gebührenprobleme für
    Schiedsverfahren und Mediation
  • Hans Helmut Bischof AGS 2007, 343 Keine zusätzlichen Anwaltsgebühren für
    Teilnahme an gerichtlicher Mediation
  • Hans Helmut Bischof AGS 2007, 393 Gerichtliche Mediation ist außergerichtliche Tätigkeit